Hufknorpelverknöcherungen

Arthrose, Hufknorpelverknöcherung, Schale und Spat haben etwas gemeinsam…

Die Hufe des Pferdes sind eine beeindruckende Konstruktion der Natur. Überträgt man es auf die menschlichen Gliedmaßen, so läuft das Pferd auf dem Fingernagel des Mittelfingers bzw. des mittleren Zehs. Nur hat sich beim Pferd der Fingernagel zu einer Hornkapsel umgebildet und die anderen 4 Zehen oder Finger haben sich im Laufe der Evolution zurück gebildet. Reste dieser Zehen findet man am Röhrbein als Griffelbeine. Der Huf ist im Verhältnis zum Pferdekörper relativ klein und muss große Gewichte tragen. Doch die Natur hat den Huf so konstruiert, dass trotz der kleinen Fläche Stöße optimal abgefedert werden.

hkvk_nullWird der sensible Hufmechanismus jedoch gestört, kann dieses zu schwerwiegenden Erkrankungen führen und das Pferd ist oft nicht mehr belastbar. Der Organismus verändert bestimmte Gegebenheiten, um mit der vorliegenden Situation zurecht zu kommen. Besser gesagt, er passt sich der Situation an.

Der Hufknorpel ist, zusammen mit dem Strahl und den Eckstreben, einer des maßgeblichen Stoßdämpfer im Pferdehuf. Er liegt innerhalb der Hornkapsel und setzt links und rechts am Hufbein bzw. an den Hufbeinästen an und ragt hinten seitlich aus der Hornkapsel heraus. Ein gesunder Hufknorpel lässt sich ertasten und ist elastisch und nachgiebig. Quillt der Hufknorpel bereits sichtbar oben aus der Hornkapsel heraus und fühlt sich hart und Blumenkohlartig an, kann dieses ein Alarmzeichen für eine beginnende Hufknorpelverknöcherung sein, auch wenn das Pferd noch nicht lahm geht.

Der Hufknorpel des Pferdes wandelt sich in Knochen um

Bei dem Prozess der Verknöcherung wird aus dem elastischen Knorpelgewebe allmählich hartes und knöchernes Gewebe.

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Das alleine macht dem Pferd meisten noch keine Beschwerden. Durch die Verknöcherung vermehrt sich jedoch auch der Umfang des Hufknorpels, weshalb die Hornkapsel zu eng wird. Die Wandlederhaut im Bereich des Hufknorpels wird in Mitleidenschaft gezogen, die Hufknorpelhaltebänder können sich entzünden und die Verknöcherung kann sich mitunter so weit ausdehnen, dass die Beweglichkeit des Hufgelenks eingeschränkt wird. Das Pferd lahmt oder zeigt einen klammen Gang, da oft beide Hufe (meistens vorne) betroffen sind. Die Hufknorpelverknöcherung ist ein Prozess, der sich über Jahre hinziehen kann und erst bemerkt wird, wenn das Pferd eine Lahmheit zeigt. Die Verknöcherungen lassen sich dann jedoch nicht mehr rückgängig machen, weshalb dieses eine der gefürchtetsten Pferdekrankheiten ist.

Hufknorpelverknöcherung ist ein häufiges Schicksal vieler Kutschpferde (Kaltblüter)! Diese Erkrankung ist aber nicht genetisch bedingt, sondern eine Folge von mangelnder Stoßdämpfung!

Ursachen der Hufknorpelverknöcherung

Oft wird diese Erkrankungen als „Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen“ diagnostiziert. ABER: Diese „Abnutzungserscheinungen” (in der Regel handelt es sich nicht um Ab- sondern Zubau von Material) entstehen nicht durch übermäßige Belastung und Beanspruchung, sondern durch Fehlbelastung! Wenn der Hufmechanismus und damit auch die Stoßdämpfung verringert oder sogar ganz behindert sind, gelangt jeder Aufprall/ Stoß bei jedem Schritt ungebremst in die Gelenke. Die Knorpel, die den Stoß abdämpfen sollen, werden überlastet. Die kleinen Unterstützungsbänder, die die Sehnen mit den Knochen verbinden, werden gezerrt. Das Gewebe verändert sich, um dem ständigen Stoß und Schlag Stand zu halten, Sehnen- und Bänderansatzstellen verknöchern. Wenn auch noch eine Schiefstellung und Fehlbelastung der Gelenkflächen hinzu kommt, ist der Schaden weitaus größer!

Besonders häufig ist die Zubildung von Knochenmaterial an den Unterstützungsbändern der Strecksehne, d.h. an der Vorderseite von Fessel- und Röhrbein. Diese Zubildung entsteht bei zu steiler Hufstellung: In vielen Fällen soll die Beugesehne „entlastet“ werden, was zwangsläufig zu einer Überlastung der Strecksehne führt. Somit herrscht an den Unterstützungsbändern der Strecksehne ständiger, unphysiologischer Zug, der zu Verknöcherungen führt.

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hochgradige Verknöcherung des Hufknorpels

Der Hufknorpel hat die Funktion, das Auf- und Abfußen zu dämpfen. Wird aber der Huf z.B. durch ein Eisen beschwert (was bedingt durch das Gewicht ständige Zerrung und Quetschung an den Hufknorpeln und ungebremsten Stoß und Schlag durch fehlenden Hufmechanismus verursacht) oder ist die Hufkapsel zu eng (so dass der Hufmechanismus ebenso wenig funktioniert und die Knorpel zusätzlich noch gequetscht werden), bildet sich Knochensubstanz zu.

Diagnose der Hufknorpelverknöcherung beim Pferd

Zeigt das Pferd Lahmheit, wird die Diagnose in der Regel durch Röntgenbilder, Tastbefund und einer diagnostischen Anästhesie abgesichert. Selbst wenn Röntgenbilder und Tastbefund eine Verknöcherung der Knorpel zeigen, heißt es nicht unbedingt, dass das auch die Ursache der Lahmheit ist, denn der Vorgang der Verknöcherung ist wie gesagt beschwerdefrei für das Pferd. Erst wenn der Umfang der Verknöcherung zu groß für die Hornkapsel wird, hat das Pferd Schmerzen. Die diagnostische Anästhesie hilft hier, die Schmerzursache einzugrenzen. Es gibt viele Pferde die mit einer geringgradigen Hufknorpelverknöcherung schmerzfrei laufen und bei denen die Diagnose ein Zufallsbefund ist. In so einem Fall ist der Pferdebesitzer jedoch gefragt, mögliche Ursachen schnellstens abzustellen, damit der Zustand sich nicht weiter verschlimmert und das Pferd nicht doch noch anfängt auf Grund der Hufknorpelverknöcherung zu lahmen.

Behandlung und Prognose für das Pferd

Die Hufknorpelverknöcherung an sich ist nicht heilbar, was einmal verknöchert ist, lässt sich nicht wieder in elastischen Knorpel zurück wandeln, doch gibt es Therapiemöglichkeiten, die dem Pferd die Schmerzen nehmen. Ziel der Behandlung ist es, die Hornkapsel zu weiten, damit der durch die Verknöcherung vergrößerte Hufknorpel mehr Platz hat. Natürlich können wir durch die Hufpflege solche „Verschleißerscheinungen” nicht einfach rückgängig machen. Wenn aber der optimale Zustand – die physiologische Hufform – wieder hergestellt wird, ist das Sehnengleichgewicht wieder vorhanden, die Stoßdämpfung kann mittels Hufmechanismus wieder funktionieren und die Durchblutung kehrt zurück. So können die meisten Pferde mit den vorhandenen Schäden gut leben, da die Schädigung nicht weiter voran schreitet. Einige Schäden bilden sich im Lauf der Jahre sogar zurück, wenn das Pferd genügend Bewegung hat, die den Organismus zum Abbau der Zubildungen veranlasst.