Beitrag: Für Hufrehe gibt es KEIN Heilmittel!

+++ Anmerkung: Wenn du aktuell ein Pferd mit chronischer oder akuter Rehe behandelst/bearbeitest, gib nicht auf! Lies weiter bis zum Ende, um zu verstehen, was ich mit diesem Artikel sagen will. +++

Falls du diese Überschrift provokativ findest – es ist so gewollt.
In letzter Zeit entdecke ich im Internet, den sozialen Netzwerken oder der *Reiterpresse* immer öfter laienhafte Artikel zum Thema Hufrehe und Erforschung selbiger. Diese werden mit dem herannahenden Frühjahr – und damit einhergehenden Start der Weidesaison, sicher nicht weniger.
Zuletzt lautete eine reißerische Überschrift bspw. „Heilung für die zweitgrößte Todesursache bei Pferden“ – diese Überschrift impliziert irgendwie schon, dass die Forschung tatsächlich ein Heilmittel gegen Laminitis gefunden haben will.
Ich bin überrascht und lasse mich auf die Information ein.
Nun…bahnbrechende Erkenntnisse finde ich nicht – der Artikel beschreibt einen Bluttest zur Insulinwertbestimmung (das ist keine Neuigkeit), und dass Bewegung sowie zucker- und stärkereduziertes Futter den Insulinwert verbessern (auch das ist nichts Neues). Diagnose, Diät, Hufbearbeitung und Bewegung sind Therapieformen, die auch in den 1990ern schon bekannt waren! Dennoch bekommt der Artikel viele ‚Likes‘ und wird reihenweise geteilt.
lamIch frage mich also, warum so stark auf Wörter wie *Krankheit* und *Heilung* reagiert wird und gebe mir die Antwort selber:
Wenn du jemals ein Pferd besessen oder kennengelernt hast, dass unter einer akuten Hufrehe leidet, weißt du wie erschütternd es ist und verstehst die Reaktion. Man sucht nach Medikamenten, Therapieformen, Hausmittelchen und jedem Strohhalm, der Hoffnung verspricht. Und während dieser Suche liest man plötzlich *Heilung*! Steht das Wort dann zusätzlich in Verbindung mit einem Produkt oder einer (vermeintlich) neuartigen Therapie, tut man vermutlich alles, um irgendwie daran zu kommen. Und diejenigen, die diese Versprechungen machen, werden vermutlich noch als Helden gefeiert.

Doch schauen wir uns für einen Moment die Fakten an: Hufrehe ist KEINE Krankheit, sondern ein Symptom. Man kann Pferde nicht gegen Laminitis impfen.
Hufrehe ist immer, wirklich IMMER das Endresultat, eine Folgeerkrankung oder ein Nebenprodukt (nenn es wie du magst) eines vollkommen anderen Prozesses, bzw. systemischen Ereignisses im Körper wie Infektion, Fieber, erhöhtes Insulin, Borreliose, Nachgeburtsverhalten oder Verdauungsstörung durch zu hohe Stärkemengen im Futter. Rehe kann ebenso durch Überlastung, Vergiftung oder die Einnahme von Kortikoiden hervorgerufen werden. Die Liste ist lang, und jeder Auslöser hat einen anderen Mechanismus. Manche wirken auch zusammen – verabreicht man bspw. einem Pferd mit Equinem Cushing Syndrom (ECS) Kortikoide, kann dies eine Laminitis verursachen. Genauso hat bspw. die Reduktion von stärke- und zuckerhaltigem Futter bei einer Stute mit retinierter Plazenta wenig bis keine Wirkung auf die Laminitis, da die kausale Ursache für ihren Rehebefund keine Hyperinsulinämie (erhöhte Insulinkonzentraion im Blut) war.

Es kann kein einzelnes Heilmittel bei Hufrehe geben, denn es gibt keine einzelne Ursache!
Hufrehe wird behandelt, sobald sie auftritt, doch deutlich wichtiger ist…. man kann ihr VORBEUGEN!

Viel zu oft liegt der Fokus bei einem Rehebefund nur auf dem Huf und darauf zu reparieren, was offensichtlich kaputt ist. Es gibt zig Möglichkeiten die Hufe zu bearbeiten, zu beschlagen, zu polstern, zu kleben oder einzugipsen, aber wenn man sich nicht der Ursache annimmt — oder noch besser, dieser Ursache vorbeugt — wird man sich immer nach einem Heilmittel sehnen.
Bei IR (Insulin Resistenz) sowie EMS (Equines Metabolisches Syndrom) oder ECS (Equines Cushing Syndrom) bedingter IR, kann einer Hufrehe durch die korrekte Diagnose, Diät, Bewegung und ECS-Medikation (sofern notwendig) VORGEBEUGT werden.
Du als Pferdebesitzer kannst dich selber über die Zucker- und Stärkeanteile im Futter, Qualität- und Nährstoffgehalt des Heus und Mineralüberschuss oder -mangel informieren. Du kannst dein Pferd bewegen, sofern es möglich ist und so selber die Erfahrung machen, wie du deinem Pferd helfen kannst – was die angepriesenen Zaubertränke und Heilversprechen eben nicht können!

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