Beitrag: Von knackigen Äpfeln, leckeren Bananen und exotischen Mangos…

Seit einiger Zeit befasse ich mich (NRC Plus Fortbildung über Pferde-Ernährung sei Dank) mit allerhand Inhaltsstoffen von Heu, Gräser- und Getreidesorten, Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen.
Also damit, was Pferde zum Leben brauchen, und was sie bekommen, weil wir Menschen denken, dass sie es brauchen…weil sie es wollen!
Ich möchte mich heute aber gar nicht über das Thema Futter und Fütterung auslassen, oder verschiedene Misch- und Fertigfutter gut oder schlecht heißen, vielmehr geht es mir um eine eher unscheinbare Kleinigkeit, die doch sehr regelmäßig und mitunter in recht großen Mengen den Weg ins Pferdemaul findet…

05-01-2017-11-58-09Das Leckerli oder -chen!

Es gibt sie in allerlei Formen, Farben und Geschmacksrichtungen, vom klassischen Apfel-Leckerli bis hin zum bio-exotischen Dragonfruit-Volkornriegel. Sie passen hervorragend in Leckerchenbeutel, Jacken- oder Hosentaschen sowie in die Reiterhand, und wenn man sie versehentlich mal mitwäscht, sind sie nach dem Trocknen doppelt so groß. Ausgezeichnet!

Unsere Pferde und Ponys lieben sie alle!
Da liegt es natürlich nahe, diese schmackhaften Helferlein bei verschiedenen Gelegenheiten zum Einsatz zu bringen:
Von der Weide geholt -> Leckerchen, beim Putzen so brav gewesen und lieb geguckt -> Leckerchen, beim Satteln diesmal gar nicht geschnappt! -> Leckerchen, beim Aufsteigen stehen geblieben -> Leckerchen….nach der Reitstunde -> Leckerchen (gibt ja immer eins, weil das Mash so lange braucht zum einweichen) und am Weidentor gar nicht beim Abhalftern losgerannt -> Leckerchen….niedlich angestupst -> okay noch ein Leckerchen, aber dann ist Schluss! Auf der Packung steht ja: Fütterungsempfehlung 200gr pro Tag…passt!

Übertreibe ich? Nein…leider nicht, so oder so ähnlich erlebe ich es an verschiedenen Reitställen immer wieder.
Das Pferd bekommt ein Belohnung für gutes Verhalten – wogegen auch nichts einzuwenden ist – mal abgesehen von dem fordernden, wenn auch niedlichen, Anstupser am Weidetor.
Über die Art der Belohnung ließe sich durchaus vortrefflich streiten…muss man aber nicht, denn die Futtermittelhersteller ersparen uns zum Glück den müssigen Aufwand des Nachdenkens, indem sie ganz wunderbare Belohnungsgeschenke feilbieten.
Kräuter, Obst, Gemüse….alles drin in den kernigen Riegeln!
Oder? Mal sehen….

05-01-2017-12-05-28Erst kürzlich machte ich mich auf die Suche nach einem wriklich guten und vorallem gesunden Leckerli – bloß nichts vom „Pferdediscounter“, mit künstlichen Farb- und Aromastoffen oder gar mit Zucker! Nein nein, für meine Pferde soll es ja so natürlich wie möglich sein, und am besten Bio, ohne Palmöl und wenn die Inhaltsstoffe bei Vollmond ausgependelt wurden, habe ich gar nichts dagegen.
Die Standardleckerchen sollten es also schon mal nicht sein…klar, bei dem, was da drin ist! Ein Blick auf die Zusammensetzung vom Apfel Leckerli verrät: Haferschälkleie, Weizenkleie, Mais, Zuckerrübenmelasse, Calciumcarbonat E170, Bierhefe, Lactose, Apfeltrester (0,2 %) –> aaah, deswegen heisst es Apfel Leckerli!
Ansonsten nur Rückstände der Getreideverarbeitung, Zucker und Konservierungsstoffe.
Nix für meine Pferde – da nützt auch die nachhaltige, braune Papiertüte nichts!
Ich suche weiter, und finde einen Hersteller für ‚Gezielte Ergänzungsfutter & Belohnungen‘ – wunderbar, hier muss es was geben: Apfel Leckerchen, Zusammensetzung Mais 30 %, Weizen 24 %, nochmal Mais, diesmal aufgeschlossen 19,7 %, Weizengrießkleie 15 %, Apfeltrester 5 % (immerhin), Zuckerrübenmelasse 2%, Calciumcarbonat 0,5 %, Natriumchlorid 0,5 %.
Im Vergleich zum ersten Produkt die reinste Fruchtexplosion, dennoch auch hier nahezu reines Getreide und abermals Zucker – dafür ebenfalls hübsch in braunes Papier verpackt.
Der nächste Anbieter setzt auf den klassischen Plastikbeutel, den man so schlecht aufbekommt, wenn man keine Schere da hat, aber er verspricht einen schmackhaften und gesunden Snack – diesmal: Leckerli Banane, Zusammensetzung: Weizen 53,0 %, Gerste 20,0 %, Hafer 10,0 %, Dinkel 10,0 %, Zuckerrübenmelasse 5,0 %, getr. Bananen 2,0 % –> hier also Trockenobst statt Trester, so hat der Getreidebrocken zumindest einen Namensgeber, um sich von den anderen zu unterscheiden.
Ich versuche es weiter, diesmal wieder mit einem Hersteller, der auch auf ansprechende Verpackung und tolles Etikettendesign achtet. Irgendwas von Mühle und Vollkorn steht auch drauf, sowas ist ja immer gut: Pferdeleckerli Apfel, Zusammensetzung: Haferschälkleie, Weizenkleie, Mais, Zuckerrübenmelasse, Calciumcarbonat E170, Bierhefe, Lactose, Apfeltrester (0,2 %).
Nanu…das hatte ich doch schon mal gelesen, allerdings mit einem Preisunterschied von rund 2€ weniger beim vorherigen Produkt! Wahrscheinlich ein Zufall, denn dieser Anbieter klärt schließlich auch über die herrvoragende Verträglichkeit und die schonende Herstellung auf. Ich wähle eine andere Geschmacksrichtung, exotisch soll es sein, was die anderen nicht haben: Pferdeleckerli Mango!
Zusammensetzung Weizenkleie, Haferschälkleie, Mais, Calciumcarbonat, Gerste, Zuckerrohrmelasse.
Und wo bleibt die Mango? Zu exotisch, um aufgeführt zu werden? Muss ich selber eine kaufen und sie daneben legen? Daran vorbei werfen, um an die 0,2% zu kommen? Oder wollten sie das Produkt nur einfach nicht Getreideverarbeitungsnebenerzeugniszuckerrohrmelassebelohnungsbrocken nennen?

Ich gebe die Recherche auf, denn ich möchte nichts davon für meine Pferde.
Ungeachtet der Tatsache, dass sie diese Leckerlies mit wachsender Begeisterung verschlingen würden, halte ich es nicht für eine gute Belohnung – weder für meine, noch für andere Pferde. Vor allem nicht für die, die durch das hiesige Überangebot an gehaltvollen Wiesen, Futtermixen, Müslis, Brötchen und Rübenschnitzeln ohnehin schon mit EMS, Insulinresistenzen und Hufrehe zu kämpfen haben.

unbenannt-1Es gibt Alternativen…getrocknete Hagebutten, ein Heucob-Pellet, oder selbstgemachte Apfel-Leckerchen – Zutaten: 500g Haferflocken, etwas Wasser, 2-3 geriebene Äpfel, 2-3 geriebene Möhren, 3 Esslöffel Zuckerrübensirup oder Agavendicksaft zum zusammenkleben
Zubereitung: Die Haferflocken mit soviel Wasser verrühren, dass man einen zähen Brei bekommt. Dann gibt man die geriebenen Äpfel und Möhren hinzu, anschließen Agavendicksaft/Zuckerrübensirup untermischen. Die Masse streicht man auf ein gefettetes Backblech und lässt sie bei 180-200° C backen bis sie braun und fest ist (ca. 1-2 Stunden, je nach Flüssigkeit des Teiges). Nach dem Abkühlen die feste Masse in kleine Stückchen brechen. Dieses Pferdeleckerlie ist auch ein gesunder Pausensnack für Reiter! Bitte erst am zweiten Tag nach dem Backen verfüttern!!!

Ich probiere es definitiv aus und packe die Leckerlies in eine schöne, nostalgische Papiertüte – und zwar bei Vollmond!
In diesem Sinne…ein gesundes neues Jahr & viel Spaß beim selber backen!

© NHCR – Barhuf ist besser